„Widersprecht, um diesen Hass zu besiegen“

Der Musiker und Buchautor Ben Salomo sprach in Pforzheim über Judenhass in der Rapszene, der er 2018 den Rücken kehrte, und seine Erfahrungen mit Antisemitismus als Heranwachsender in Deutschland.

„Wer von Euch kennt persönlich einen Juden?“, fragt Ben Salomo am Dienstagmorgen mit dem Mikrofon in der Hand von der Bühne in das große Halbrund der jungen Zuhörer.

Ben Salomo bei einem Zoom-Meeting, unter anderem mit Pressevertretern und Politikern, in Corona-Zeiten (Screenshot)

Die haben sich ihm gegenüber weitflächig in der Sporthalle der Pforzheimer Ludwig-Erhard-Schule verteilt. Sechs Hände gehen hoch, wie Salomo zählt. Danach fordert der Redner, der sich dem Kampf gegen den Antisemitismus verschrieben hat, dass alle aufstehen, die schon einmal eine der nun von ihm vorgetragenen Legenden und Lügenmärchen über Juden gehört haben, darunter Legenden über „jüdische Brunnenvergifter“, jüdische Geldgier und daraus folgenden Reichtum oder eine angebliche „jüdische Weltverschwörung“, die mit der Bankiersfamilie der Rothschilds in Verbindung gebracht wird. Am Ende steht fast die ganze Halle – es ergibt sich eine eindrucksvolle Demonstration, wie tief die hasserfüllten Erzählungen und Legenden im kollektiven (Unter-)Bewusstsein vieler in Deutschland aufgewachsener Menschen verankert sind. „Was für ein Schwachsinn diese ganzen Erzählungen sind – dass Juden alle reich sind und mit Geld gut umgehen können“, erklärt Salomo nun, um am eigenen Beispiel zu erklären: „Ich kann so schlecht mit Geld umgehen wie viele andere auch.“

Danach fragt er: „Was denkt ihr, woher kommt dieser Antisemitismus und warum verbreiten sich Lügen und Legenden schneller als die Wahrheit?“ Immer wieder fordert er die Schüler auf, sich aktiv zu beteiligen, auch an diesem Punkt. Nun melden sich einige: „Unwissenheit“, antwortet ein Schüler etwa. Der Künstler auf der Bühne klärt nun auf: „Lügen und Gerüchte verbreiten sich deshalb schneller, weil sie unterhaltsamer sind – die Wahrheit ist langweilig und widersprüchlich.“ Zudem erzähle hier eine Mehrheit über eine Minderheit, was die Sache erleichtere. Am Ende verändere sich durch diese heute im Internet verbreiteten Lügenerzählungen die Wahrnehmung, daraufhin der Umgang mit den Betroffenen. Salomo erzählt, wie er dies am eigenen Leib in der Rapszene erlebt habe. Als Heranwachsender habe er sich zeitweise als Italiener ausgegeben, um sich nur nicht als Jude und Israeli erkennen geben zu müssen.

„Ich konnte negative Gefühle immer in der Musik verarbeiten“, erzählt Ben Salomo von seinem Werdegang, der ihn gegen Ende der 1990er-Jahre in die Hip-Hop- und Deutschrap-Szene führte. Salomo ist 1977 unter dem bürgerlichen Namen Jonathan Kalmanovich in der israelischen Stadt Rechovot geboren. Gemeinsam mit seinen Eltern zog er im Alter von drei Jahren nach Schöneberg in den Westteil des damals noch geteilten Berlins um.

Was er in der Deutschrap-Szene erlebte, darunter offen ausgedrückte Ablehnung, Beleidigungen im Internet bis hin zu körperlichen Übergriffen, hat Salomo in einem autobiographischen Buch niedergeschrieben. 2018 zog er einen Schlussstrich unter diesen Teil seines Lebens. Dass er dem Deutschrap den Rücken kehrte, begründet er mit einem dortigen „Klima des Judenhasses“. Später schlägt er einen weiteren Bogen und sagt: „Die Gesellschaft ist krank an Rassismus, Antisemitismus, und Homophobie.“ Die Deutschrap-Szene spiegele das wider, sei aber zugleich ein Verstärker, der den Hass in die Kinderzimmer bringe. Zwölfjährige seien die jüngsten Konsumenten des „Gangstarap“ genannten Musikgenres, das Salomo als besonders problematisch herausstellt. Das belegt er anhand von Musikvideos: Da erscheint eine Gruppe uniformierter junger Männer auf der Leinwand, die mit Maschinengewehren vor einem Maserati-Sportwagen posieren.

Co-Abhängigkeit und dysfunktionale Familie

Franziska Gygax schreibt auf ihrem Blog: “Co-Abhängigkeit abseits von stofflichen Süchten sei dadurch gekennzeichnet, dass “das eigene Ego von der Bestätigung durch andere abhängig ist”. Dies führt Gygax unter anderem auf Prägungen durch eine dysfunktionale Familie zurück. “Viele Kinder aus dysfunktionalen Familien fühlen sich falsch, schlecht, wertlos, nicht liebenswert, unwichtig und unzulänglich, weil sie in ihrem Leben nie etwas anderes als die eigene Familie kennengelernt haben”, so Gygax.

Eine Folge: “Das Ego ist der Überzeugung, dass Selbstachtung und Glück nur durch andere kommen.”  Die krampfhaft betriebene Suche nach Bestätigung und Anerkennung durch den Partner habe jedoch ihren Preis: “Wenn man sein Glück von anderen Menschen abhängig macht, sind der Schmerz und das Leid vorprogrammiert, und zwar für beide Partner”, so die Schweizerin.

Dem Zusammenhang zwischen dysfunktionalem Elternhaus und Co-Abhängigkeit nähert sich auch dieser Blog und spricht von dysfunktionaler Familienprägung, die es zu heile gelte. Ale eine Ursache wird emotionaler Missbrauch angeführt: “In dysfunktionalen Familien ist mindestens einer der Elternteile nicht fähig, sich emotional selbst zu regulieren, darum nutzen sie ihre Kinder, um sich zu stabilisieren. Die Kinder werden emotional missbraucht, da sie oft schon früh Funktionen in der Familie übernehmen, die der instabile oder beide Elternteile negierten oder einfach delegieren. […] Kinder solcher Eltern laufen oft bis ins Erwachsenenalter und darüber mit Schuldgefühlen und Scham durch die Welt. Sie haben nichts getan, aber sie waren dort. ”
In dysfunktionalen Familien sei ungesunde, gegenseitige Grenzüberschreitung gang und gäbe. Die persönlichen Grenzen der einzelnen Familienmitglieder würden nicht geachtet und respektiert. “Deins ist meins” sei oft auch ein Anzeichen für Grenzüberschreitungen. Dabei könnes es sich um Essen, Gegenstände oder sogar Menschen handeln. Auf die Bedürfnisse der Kinder, auf ihre Wünsche, wird in dysfunktionalen Familien nur oberflächlich, wenn überhaupt, Rücksicht genommen. Quelle siehe (hier).

Gygax ist laut Selbstbeschreibung diplomierte Einzel-, Paar- und Familienberaterin und sagt über ihre Geschichte: “Ich komme aus einer dysfunktionalen Familie. Depression, Abhängigkeit, Intellektualisierung und Zwanghaftigkeit haben einen grossen Teil meiner Kindheit geprägt.” Zur Quelle siehe (hier).

Eric Hegmann spricht von emotionaler Abhängigkeit siehe (hier), und schreibt in einem Beitrag über Bindungsstile als eine Erklärung – Quelle siehe (hier): “Verlustangst ist schmerzhaft. Oft ist sie ein Zeichen eines ängstlichen Bindungsverhaltens. Ein ängstlicher Bindungsstil wird meist in der frühen Kindheit geprägt. Er zeichnet sich beispielsweise durch die Überzeugung aus, Liebe erst verdienen zu müssen. Gleichzeitig herrscht der Gedanke vor, dass nur Liebe glücklich machen kann und dass in einer Beziehung zu leben, überhaupt erst das Leben lebenswert macht.


Die Mühe um die Liebe auf der einen Seite und die Abhängigkeit von Liebe und Anerkennung auf der anderen, quält die Betroffenen ununterbrochen. Sie fühlen sich immer, als würde ihnen etwas fehlen.


Manchmal geht das soweit, dass selbst wenn Sie von Ihrem Partner Zuneigung erfahren, diese nicht wertschätzen oder nicht glauben können. Deshalb hat emotionale Abhängigkeit viel mit Selbstwert zu tun. Je niedriger das Selbstwertgefühl, umso eher neigt man dazu, den Partner für das eigene Glück und die eigene Sicherheit in allen Lebenslagen verantwortlich zu
machen. Eine Person, die so wichtig erscheint, wird dann häufig manipuliert, es wird versucht, sie zu ändern und anzupassen und sie zu kontrollieren.

In Beziehungen befürchtet der emotional Abhängige, ohne den anderen hilflos zu sein. „Du bist alles, was ich habe“, ist leider kein Zeichen von Liebe, sondern ein Hilferuf. Der Partner soll eine Leere füllen, die man spürt, weil man mit sich selbst – und seiner Rolle im Leben – nicht im Reinen ist.

Dieses Leiden lässt sich nicht wegdiskutieren und auch nicht weglesen oder weggrübeln. Als erster Schritt ist jede Erkenntnis gut, doch die wenigsten Betroffenen werden alleine durch sie plötzlich „geheilt“. Das Loslassen von Verlustängsten ist meist ein Prozess, der nur mit externer Hilfe möglich ist.
Denn die Ursachen liegen in frühkindlichen Prägungen, in der eigenen Haltung gegenüber dem „Inneren Kind“ und möglichen schweren Verletzungen des Selbstwertgefühls. Zum “Inneren Kind” hat Stefanie Stahl im deutschsprachigen Raum einen Selbsthilfe-Bestseller geschrieben namens “Das Kind in dir muss Heimat finden: In drei Schritten zum starken Ich – das Arbeitsbuch” – siehe (hier).

Eine Psychotherapie oder beispielsweise gestalttherapeutische Gespräche können emotionale Abhängigkeiten lösen. Unverzichtbar ist, den Blick zuzulassen, dass man sich nicht nur besonders eng mit dem Partner verbunden fühlt, sondern dass man in einer Abhängigkeit lebt, die verhindert, dass man tatsächlich freibestimmt glücklich sein kann. Nur so werden Betroffene frei, sich für eine neue Beziehung zu öffnen – mit einem autonomen und reifen Partner, der sie ganz freiwillig unterstützt.

Ursache vobn Beziehungs- und Emotionssucht: Warum kann ich Langeweile nicht aushalten und habe panische Angst vor innerer Leere?

Tanja Grundmann erklärt es in ihrem Blog so: “Der Verstand, der bei solchen Fragen gerne sofort auf Gefahr und Survival umschaltet, erzählt dann die Geschichte von der Langeweile. Wie langweilig das Leben ohne den Suchtstoff, zum Beispiel Verliebtsein. Und dass alle Alternativen dazu ein kaltes, langweiliges und unerfülltes Leben bedeuten. Darf ich mich jetzt etwa nicht mehr verlieben? Und schon ist man im nächsten Gefühlskino von Anklage und Rechtfertigung, ohne diese Fragen und Antworten alle ausreichend auf ihre Richtigkeit überprüft zu haben. Da das Survivalsystem auch auf Schmerzvermeidung programmiert ist, gönnt man sich dann gerne ein bisschen Rechthaberei und Selbstgefälligkeit; ein bisschen Feindbild und Beschuldigung und schon fühlt man sich wieder etwas gestärkter. Und dann hören wir auf zu forschen und bleiben stehen. Dort irgendwo bleiben wir oft hängen; lange vor der Beantwortung der Frage, die ich in diesem Artikel stelle. Was ist der Kern, der Grund aller Süchte?

Bei der Langeweile waren wir schon nah dran. Es ist die Angst vor Leere. Wir haben eine übernommene, unfassbare Angst vor dem Gefühl der Leere.

Wir sind ständig damit beschäftigt, sie zu füllen. Wir stopfen uns voll mit allem Möglichen und wenden uns ab vom Eigentlichen.

Unser Survivalmind interpretiert die Leere als Langeweile und Leblosigkeit; als Absage an Vitalität und Freude. Und das wiederum bedeutet in unseren Denkkonventionen den sicheren Tod und zwar physisch, spirituell, emotional, mental und psychisch. Guess what? Nichts davon stimmt.
Das Programm läuft automatisiert und viele Jahre völlig unbewusst. Grundmann fragt: “Was aber, wenn wir uns darüber hinwegsetzen müssen, weil wir guten Leidensdruck und Reifungsdruck erleben, den auszuhalten sich lohnt?”

Man kann sehr wohl Alkohol trinken, ausgehen, Dinge tun, einen Film anschauen, sich verlieben oder nachdenken. Aber ob es abhängiges Verhalten ist, zeigt sich daran, ob man es in einem gewissen Zwang tut, oder ob man die Freiheit hat, darüber zu bestimmen. Es zeigt sich daran, ob man wirklich eine Wahl hat, ob man umentscheiden könnte. Viele Menschen erfüllen ihre Träume nicht, weil sie aus diesen „Gewohnheiten“ nicht herauskönnen; weil sie offenbar nicht die Wahl haben, Verhaltensweisen einzustellen oder zu ändern. Man muss sich die Frage stellen: ist es eine Gewohnheit, oder ist es schon abhängiges Verhalten?
Wen es nie aus seiner Sicherheitszone – andere nennen das Komfortzone – herausdrängt, weil er seinen Träumen nachjagen und seine Talente zum Ausdruck bringen will, der entdeckt oft erst dann, dass seine „Gewohnheiten“ eher Zwängen gleichen, wenn er in späteren Jahren unter gesundheitlichen Problemen, dauerhaften Beziehungspleiten oder finanziellen Herausforderungen leidet. Wenn es Sucht war, dann fliegt es einem früher oder später um die Ohren. Ich nenne es an dieser Stelle lieber abhängiges Verhalten. Dann ist es deutlicher.

Jeder Gedanke produziert, von den meisten Menschen unbemerkt, ein Gefühl und jedes Gefühl färbt die nächsten Gedanken. So findet in uns ein konstanter Dialog zwischen Denken und Fühlen statt. Solange das im Unbewussten bleibt, bewegen wir uns innerhalb unserer autonomen Programme. Wir drehen die gleichen Runden, wundern uns, warum wir Dinge nicht einfach ändern können und kommen nicht von unseren alten, bekannten Wiederholungen weg.

Unser Survivalsystem schützt uns davor, abseits der engen, aber bewährten Spur zu geraten. Unser Survivalsystem produziert nichts, was nicht in unserem Sinne ist. Es schützt uns vor realen Gefahren, und hat uns zudem als kleine Menschen in Familien, Umfelder und Kulturen eingepasst. So konnten manche von uns anstrengende Eltern und dysfunktionale Familien überleben.

Quelle siehe hier.

Die vier Bindungstypen werden so kategorisiert, Quelle siehe hier

  • Bindungstyp A: Unsicher-vermeidende Bindung
  • Bindungstyp B: Sichere Bindung
  • Bindungstyp C: Unsicher-ambivalente Bindung
  • Bindungstyp D: Unsicher-desorganisierte Bindung


Bindungstyp A: Unsicher vermeidende Bindung
Erfahrung, dass die Bezugsperson generell unzuverlässig ist und nicht auf die Bedürfnisse der Kinder eingeht. Deshalb „passen dieKinder auf sich selbst auf“. Nicht selten geht das mit einem negativen Selbstbild einher, da die eigenen Gefühle als unwichtig verinnerlicht werden.



https://beziehung-in-balance.de/emotions-und-beziehungssucht/


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Ich will raus – Co-Abhängigkeit als Sucht https://m.bachelor-master-publishing.de/document/297482